Wassermangel in Wernges - Wernges

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Wassermangel in Wernges

Geschichte

Es fehlt an Wasser
Wernges gehört zu den wenigen Ortschaften, die nicht an einem Bach oder Fluss liegen. Ein Wassergraben fließt östlich an Wernges vorbei zur Jossa. Im Sommer  wird er zum Rinnsal. Ein zweiter Graben (jetzt kanalisiert) begann zwischen dem jetzigen Gefrierhaus und der gegenüberliegenden Scheuer. Das Wasser floss an einem großen Korbweidenbusch vorbei zum Löschteich und von dort zum Graben, der zur Jossa fließt.
In unserem Garten lag eine Bohle als Brücke über dem Graben. Daran kann ich mich gut erinnern, weil ich als Kind bei Müllersch Marieche Milch geholt hatte und samt Milchkännchen von der Bohle abrutschte und in den Graben fiel.
Eine Karte aus den  Vierzigern habe ich nicht, deshalb musste ich die nebenstehende Karte z. T. aus dem Gedächtnis zeichnen.

Es mangelte in Wernges nicht nur an natürlichen Gewässern, auch das Trinkwasser war zeitweise knapp. Zwar hatten viele Höfe einen eigenen Brunnen, aber im Sommer lieferten die oft zu wenig oder gar kein Wasser.
Mit der zentralen Pumpe bei der Kirche (Nou Boumb) war es auch nicht weit her. Bei niedrigem Wasserstand im Sommer (manchmal bis in den Winter) versagte die Pumpe und das Wasser musste mit einem Eimer am Strick hochgeholt werden. Das war nicht einfach. Ließ man den Eimer einfach herunter, so schwamm er auf dem Wasser. Mit einem besonderen Schnick musste man den Eimer zum Kippen und Untergehen bringen. Das beherrschte nicht jeder.
Oft standen die Wasserholer Schlange. Für uns Kinder war die Pumpe dann ein interessanter Treffpunkt. Mit einem gewissen Unbehagen beobachtete ich, dass mancher Eimer  wohl auch im Stall eingesetzt worden war und seine Anhängsel in meinem zukünftigen Trinkwasser zurück ließ. Geschadet hat es mir nicht.  

Die Neue Pumpe - zentrale Wasseversorgung für Wernges
Auf dem rechten Foto kann man einen Mann erkennen, der mit einem Tragejoch Wasser holt. Dahinter ist der ausgetrocknete alte Löschteich zu erkennen (heute Scheune).

Der Lauterbacher Anzeiger zum Wassermangel in Wernges:

Kurzfassung für alle, die diese alte Schrift nur schwer lesen können (Zu meiner Grundschulzeit waren die Wergeser Lesebücher noch in dieser Schrift gedruckt.):
"… - Ein guter Born befand sich früher in einem Garten bei der Kirche. Weil aber der Besitzer es nicht leiden konnte, daß die Leute da Wasser holten, ließ er den Brunnen zuwerfen. Als nun das trockene Jahr (Anm.: 1858) kam, wurde er verklagt, und man hieß den Born von da ab Prozeßborn. –"
Hoffentlich hat er eine ordentliche Strafe bekommen.


links: Wiereborn (Wiedborn)


Der Wiereborn (= Weidenbrunnen) war zwar bis zur Kanalisierung ein zuverlässiger Lieferant, aber leider floss das Wasser nur langsam und in kleinen Mengen.
Die Landwirte benötigten  für ihr Vieh große Mengen an Wasser und waren dann oft gezwungen, ihr Wasser in Fässern in den Riewiesen oder Dürkelwiesen  (4km) zu holen.




Feuer
Katastrophale Folgen hatte der Wassermangel, wenn ein Feuer ausbrach. Bereits 1911 war ein Hof vollständig abgebrannt.
Noch verheerender war der Großbrand, der 1928 durch einen Blitzschlag ausgelöst wurde.


Am 29. Juli 1928 schlug der Blitz in das Gehöft des Andreas Schäfer ein.  Die Folgen waren eine Katastrophe für drei weitere Anwesen.

Der Lauterbacher Anzeiger schreibt am 29. 7. 1928:

Wernges in Flammen
Durch Blitzschlag vier Gehöfte in Brand geraten – Wassermangel erschwert die Löscharbeiten.
Durch Blitzschlag in die Scheune wurde gestern abend kurz nach 7 Uhr das Anwesen des Andreas Schäfer in Flammen gesetzt. Das Feuer breitete sich durch den heftigen Sturm sehr schnell aus und setzte weitere drei Gehöfte, die von Valentin Köhler, Konrad Eurich und Konrad Merschrod ebenfalls in Flammen. Alle Anwesen sind niedergebrannt. Der Gesamtschaden beträgt etwa 200 000 Mark. Ein großer Teil des Viehs und des Mobiliars konnte gerettet werden. Menschenleben kamen nicht zu Schaden. Infolge von Wassermangel konnte dem wütenden Element nur schwer Einhalt geboten werden. Alle Feuerwehrleute aus der Umgebung waren herbeigeeilt.
Gestern Abend kurz vor 7 Uhr, zog ein Gewitter über unsere Gegend, das von einem heftigen Sturm begleitet war und etwa dreiviertel Stunden andauerte.
Schon wurde vom Lauterbacher Kirchturm der Dankchoral für ein vorübergegangenes Gewitter geblasen, als auch gleichzeitig die Feueralarm??? der Stadt Lauterbach ertönte. In Wernges brannte es. Automobile, Motorradfahrer, Radfahrer gelangen als erste zu der Brandstelle.
Schon vor der Werngeser Abfahrt der Willofser Straße sah man den von der Feuersglut geröteten Himmel. Als man dem Brandherd näherkam, konnte man annehmen, dass das ganze Dorf in Flammen steht. Da nur sehr wenig Wasser für die Spritzen vorhanden war, mußte man sich in der Hauptsache darauf beschränken, die brennenden Häuser niederzureißen, um das Feuer einigermaßen an seiner weiteren Ausdehnung zu hindern. Zum Glück lagen die anderen Gehöfte von den vier brennenden etwas weiter entfernt.

Inzwischen war auch die Lauterbacher Feuerwehr eingetroffen, die etwas Ordnung in das Chaos brachte. Es war inzwischen 9.30 Uhr geworden. Und die Lauterbacher Motorspritze war dem entfesselten Element gegenüber machtlos, weil es an Wasser mangelte und der Inhalt der wenig vorhandenen Brunnen zum Schutz der Nachbargebäude verwendet werden musste. Der Gedanke, daß kein Wasser vorhanden, war geradezu unerträglich. Man bedenke, nur ganz wenig Wasser, und das halbe Dorf steht in Flammen.

rechts: Diese historische Handpritze der
Freiwilligen Feuerwehr Wernges e. V.
war vermutlich am 28. 7. 1928 im Einsatz.

Die obdachlos gewordenen Familien irrten umher und sahen zu, wie ihr Hab und Gut sich in kurzer Zeit zu einem Trümmerhaufen verwandelte. Ein trauriges Bild. Die Geschädigten sind umso mehr zu bedauern, als sie zum Teil sehr schlecht versichert sind.
Inzwischen hatte Gewitterregen eingesetzt. Noch immer zuckten die Blitze am Himmel, und immer grollte der Donner und noch immer stiegen gewaltige Rauchsäulen in die Lüfte. Erst nach Mitternacht war man über das Feuer Herr geworden.
links: Merschrods



109 Schäfer
   3 Eurich
   6 Merschrod
107 Köhler
110 Kirche

Die Wasserleitung
Erst 1950 hatte sich die Gemeinde dazu entschlossen, eine Wasserleitung in Angriff zu nehmen. Dazu musste zunächst ein Brunnen gegraben werden. Die Aussichten Wasser zu finden schienen in der Nähe des Wiedborn erfolgversprechend. Aber auch nach 70 m Tiefe kam noch immer kein Wasser. Da spielte man schon mit dem Gedanken, die Bohrung abzubrechen. Man bohrte aber weiter  und bei etwa 100m war man endlich fündig.
Die Wasserleitungen wurden zügig verlegt und im Herbst 1953 konnte man den Abschluss mit einer Wasserkirmes feiern. Zusätzlich zur Gaststätte Peter hatte man in Keßches Garten (heute Spielplatz) ein Festzelt errichtet, denn der Andrang war dem Anlass entsprechend sehr groß.
Seit 1976 bekommt Wernges sein Wasser über einen Hochbehälter von Lauterbach.  


 
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