Volkstrauertag
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Rede des Ortsvorstehers zum
Volkstrauertag 2018
Sehr geehrte Frau Berroth, Liebe Gemeinde,
Im Namen der Stadt Lauterbach und des Ortsbeirates Wernges begrüße ich Euch zu unserer diesjährigen Andacht am Volkstrauertag und danke Euch, dass Ihr gekommen seid.
Frau Berroth, … unser Kirchenchor, … schon jetzt ein herzliches Dankeschön, für Eure Beiträge und Eure Unterstützung zu dieser Gedenkstunde.
Wie weit ist weit genug weg
Wie weit ist weg
wie weit?
Was sind sechzig Jahre?
Ein Wimpernschlag in der Zeit
Wie lang ist lang ist lange vorbei
wie lang ist es vorbei?
Wie lang ist langweilig lang
wir waren schon lang nicht dabei.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Anders als in den vergangen Jahren habe ich dieses Jahr kein Zitat eines längst verstorbenen Politikers, Schriftstellers oder Philosophen als Eingang für den Redebeitrag des Volkstrauertages gewählt.
Es handelt sich hier um die Textzeilen der Popgruppe „Wir sind Helden“ aus dem Jahr 2007. In Maßstäben der Popindustrie auch schon lange vorbei, aber immer wieder aktuell und gar nicht langweilig.
In meinem eigentlichen Redevorschlag für dieses Jahr steht:
„Wir müssen versuchen, auch Jugendliche und junge Erwachsene in das Gedenken mit hineinzunehmen. Ja, ihnen anschaulich begreifbar zu machen, dass es beim Volkstrauertag nicht um ein verstaubtes Ritual aus einer fernen Vergangenheit geht.“ )1
Wie wir sehen ist der Anteil der jungen Leute, heute bei dieser Veranstaltung überschaubar.
Doch wie kann man vor dem namenlosen Schrecken des Krieges eindringlich warnen? Wie Vorstellungen über das Ausmaß des Leids wecken? Wie unzweifelhaft klar machen, dass Terror und Krieg allen darin Verwickelten grausamen Schaden zufügt? )1
Der Krieg kommt schneller zurück als Du denkst
Du kriegst zurück was Du verdrängst
So münden die Textzeilen in den Refrain, und so sind wir beim Kern des heutigen Gedenktages angelangt.
Wir gedenken heute den unzähligen Toten, den Verletzten, den Traumatisierten von Kriegen und Gewaltherrschaft. Der Volkstrauertag erinnert an immense Verluste, er erinnert an dunkelste Stunden unserer Geschichte: an den Ersten Weltkrieg, diese „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts, der am 11. November 1918, fast auf den Tag genau vor 100 Jahren, zu Ende ging; er erinnert an den noch fürchterlicheren Zweiten Weltkrieg und an die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten. )2
Und es geht heute mehr denn je, genau darum, zu erinnern was Menschen für unsägliches Leid erfahren haben. Dieses zu verinnerlichen und gerade nicht zu verdrängen, um daraus die richtigen Schlüsse für das heutige Miteinander zu ziehen.
Neben der Urkatastrophe, war das Ende des ersten Weltkrieges sicher auch ein „Urfunke“ für die Geschicke des 20. Jahrhunderts.
Gerade war noch Weltkrieg. Hundertausende Soldaten kehren nicht mehr von den Schützengräben heim, Familien versuchen ihr Leben neu zu ordnen. Und gleichzeitig wird mit der ersten parlamentarischen Demokratie in Deutschland ein neues Regierungssystem geschaffen. )3
Wie einige aufwändig gestaltete Dokumentationen im Fernsehprogramm der letzten Tage und Wochen zeigen, setzten sich Menschen auch unter Einsatz Ihres Lebens dafür ein, die Demokratie zu etablieren, die heute die Grundlage für unsere in Deutschland an sich sichere und friedliche Lebensmöglichkeit ist.
Ich freue mich und bin auch stolz, dass man hier in Wernges mit einer allgemein tollen Wahlbeteiligung dem Einsatz dieser Menschen Rechnung trägt.
Aber, wie das Ergebnis der letzten Wahl zeigt, nehmen die Menschen, auch hier in Wernges, die Sicherheit und das Erleben der politischen Realität teilweise anders war.
Viele Mitbürger haben offensichtlich Ängste und erfahren Bedrohung durch die Offenheit unserer Regierung. Diese werden durch rechtspopulistische Parteien aufgegriffen und verstärkt.
Abschottung und Protektionismus, nach dem Slogan „America first“, sollen die Lösung sein.
Doch Barrieren verstärken die Unterschiede. Arm gegen Reich, Wasser und Trockenheit, politische Stabilität gegenüber Chaos und Korruption, wird der Druck auf einen Damm zu groß, bricht er,
Konfrontation, Gewalt und Leid sind die Folge.
Ich komme zurück auf den eingangs zitierten Liedtext, wo es im weiteren Refrain heißt:
Der Krieg kommt schneller zurück als Du denkst
Du kriegst zurück, was Du verschenkst
Nicht zuletzt sind es vor allem die jungen Leute, die heute konsumorientiert, kaum noch schwer erkämpfte Ideale wahrnehmen und diese schätzen und behüten, sie sind ja eh da, und sie haben es glücklicherweise auch nie anders erfahren müssen.
Meine sehr verehrten Mitbürgerinnen und Mitbürger,
und genau da, und auch nicht nur an diesem Gedenktag, liegt die Herausforderung an uns alle, die Erfahrungen aus der Vergangenheit an die nächste Generation weiter zu geben und wachsam zu bleiben, bzw. es wieder verstärkt zu werden.
Ja, wir müssen uns erinnern und immer wieder zum Fragen anregen: Wie war es möglich und wie ist es möglich, dass in unserer vermeintlich so fortschrittlichen Zivilisation so viel Unmenschliches geschehen konnte und auch weiterhin geschieht?
Freiheit und Frieden sind keine Selbstverständlichkeit. Sie müssen stetig neu errungen werden. )4
Für uns bedeutet das, uns der Errungenschaften unserer zivilisierten Gesellschaft bewusst zu sein und diese nicht als selbstverständlich und immer vorhanden in den Hintergrund treten zu lassen.
Ein Schlüssel hierfür ist sicher eine Chancengleichheit hier im direkten Umfeld eines Jeden und auf der ganzen Welt zuzulassen und zu fördern.
Ich wiederhole „Du kriegst zurück, was du verschenkst“
Meine Damen und Herren,
am Volkstrauertag trauern und gedenken wir als Gemeinschaft. Wir teilen die Trauer der Angehörigen und Hinterbliebenen aller Opfer, der vergangen Weltkriege und der NS Gewaltherrschaft. Aber am Volkstrauertag erinnern wir auch an die Opfer von heute, wir blicken auch auf unsere Zeit. )4
Deshalb gedenken wir heute auch den Opfern von Terroranschlägen, totalitären nicht rechtsstaatlichen Regierungen, sowie den Soldatinnen und -Soldaten, die bei internationalen Hilfseinsätzen Bitteres erlebt, oder gar ihr Leben verloren haben.
Der Volkstrauertag mahnt uns, allen Opfern von Krieg, Gewalt und Terror ein ehrendes Andenken zu bewahren. )4
Deshalb ist es wichtig wiederholt daran zu erinnern, dass Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit immer neu erkämpft werden müssen.
Und dass eine freie und friedliche Welt immer auch eine sozial gerechte Welt sein muss. Der Frieden im Großen wie das friedvolle Miteinander in unseren örtlichen Gemeinschaften, sie kommen nicht von allein. Wir müssen aktiv etwas dafür tun)5 bzw. geben, oder im Wortlaut zu bleiben etwas „schenken“.
Gleich im Anschluss lade ich alle zur gemeinsamen Kranzniederlegung auf dem Friedhof ein.
Dabei wollen wir das Andenken ehren und eine Weile schweigen.
Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.
Thomas Bernges 14.11.2018
Quellen (Text kursiv):
)1 © WEKA MEDIA GmbH & Co. KG „Rede Volkstrauertag 2018“ )2 © WEKA MEDIA GmbH & Co. KG „Textbausteine Volkstrauertag 2018“
)3 Tageschau App 11.11.2018
)4 © WEKA MEDIA GmbH & Co. KG „Rede Volkstrauertag 2017“
)5 © WEKA MEDIA GmbH & Co. KG „Rede Volkstrauertag 2013“
)3 Tageschau App 11.11.2018
)4 © WEKA MEDIA GmbH & Co. KG „Rede Volkstrauertag 2017“
)5 © WEKA MEDIA GmbH & Co. KG „Rede Volkstrauertag 2013“