Was man erzählt - Wernges

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Was man erzählt

BRAUCHTUM > Sagen und Geschichten

Die folgenden Geschichten aus alter Zeit hat man Udo und mir erzählt. Bestimmt gibt es noch mehr.

WER KENNT NOCH EINE?

Gutes Benehmen

Bechts Kon, ein Werngeser Original, war Waldarbeiter. Einmal kam der Forstmeister hoch zu Ross vorbei und sprach ihn von oben herab an: „Herr Lippert können Sie nicht grüßen!?“ Kon gab ihm die richtige Antwort: „Bä kemmt grisst!“ Sinngemäß ins Hochdeutsche übersetzt bedeutete dies: „Es gehört sich, dass der Kommende zuerst grüßt."


Schwester oder Bruder?
Der neue Pfarrer kam zu seinem ersten Trauerfall nach Wernges. Er war wohl auch etwas aufgeregt. Und dann begann er mit der Zeremonie. „Wir nehmen Abschied von unserer lieben Schwester …“. Schwester? Der Verstorbene war ein gestandener Mann - in Taten, Worten und Aussehen. So leicht konnte da kein anderer in Wernges mithalten.
Vielleicht ein Versprecher? Nein! Wieder sprach der Pfarrer von der verstorbene Schwester. Man nahm es hin. Neuer Pfarrer - neumodischer Kram. Wird schon einen Sinn haben.     
Aber dann war plötzlich nur noch von unserem dahingeschiedenen Bruder die Rede. Man hatte den Eindruck, dass der Pfarrer jetzt sehr viel Wert darauf legte, dass da wirklich ein Mann im Sarg lag. Die Verwirrung nahm zu.  
Was war passiert? Wegen der geringen Einwohnerzahl sterben in Wernges im Jahr nur sehr wenige Menschen. Jetzt waren aber im kurzen Abstand ein Mann und eine Frau gestorben. Der Pfarrer hatte sich vorsorglich auf beide Beerdigungen vorbereitet und dann die Termine verwechselt. Mit dem Konzept zur Beerdigung der Frau fuhr er zur Bestattung des Mannes. Seinen Irrtum bemerkte er noch während der Trauerfeier. Von da an sprach er auch von dem Verstorbenen.  
Vermutlich wurde im Sarg geschmunzelt. Denn, wie es sich für einen richtigen Werngeser gehört, hatte der Verstorbene viel Humor.

Warmer Regen

Im Haus und bei trockenem Wetter hatten die Werngeser Blädsche an. Das waren aus Stoffresten maßgefertigte Pantoffeln. Sie waren sehr bequem und jedem Schuh vorzuziehen. Als ehemals passionierter Blädschegänger bedaure ich sehr, dass es sie nicht mehr gibt. Für feuchten Boden und im Stall waren sie allerdings ungeeignet. Wollte man keine nassen Füße riskieren, so schlüpfte man mit den Blädsche in die Helzern (Holzschuhe). Es gab welche für den Stall und andere für den Weg durchs Dorf. Bevor man ein Haus betrat, zog man die Helzern wieder aus und stellte sie vor der Haustür oder im Ern ab. Noch in meiner Grundschulzeit standen auf der Schultreppe Holzschuhe.

Nach dem Füttern ging man (man = Mann! Frauen gingen nur bei der Kirmes in die Wirtschaft.) gern nach Pedesch oder Binges und trank dort ein Spitzche, Halbes oder Kännche (Schnaps). Vor der Wirtshaustür zog man die Holzschuhe aus und betrat die Wirtschaft dann in Blädsche.
Einmal pinkelten böse Buben Sippels Hans in die Holzschuhe. Als er aus Binges kam und in seine Holzschuhe anzog, meinte er: „Ech ho gar ned gemergt, desses geränd had. Es äwwer en schenne woarme Rää gewäse.“


Dumm gelaufen

Es wird erzählt, dass einmal Holzmächer (Waldarbeiter) bei einer Pause eingenickt waren. Der Förster konnte sich unbemerkt nähern, nahm den ruhenden Holzmächern die Sägen und Äxte weg und versteckte sie. Danach entfernte er sich wieder und kam betont  geräuschvoll zurück. Die Holzmächer bemerkten ihn jetzt „rechtzeitig“, sprangen auf und wollten dem herannahenden Förster zeigen, dass sie fleißig bei der Arbeit sind. Ohne Werkzeug war das aber zum Vergnügen des Försters und zum Ärger der Holzmächer nicht möglich.


Mundraub

Von dem guten Essen einer Hochzeitsfeier wollten drei Kumpel des Bräutigams, die man nicht eingeladen hatte, gern auch ein bisschen was abhaben. Man schlich heimlich in das Hochzeitshaus und holte sich Kuchen und anschließend auch noch Rollbraten. Mutig geworden wollte man das Mahl noch mit einer Flasche Wein abschließen. Doch dieses Mal kam jemand Treppe herunter. Um Zeit zu gewinnen, warf man ihm einen leeren Korb entgegen. Unerkannt - aber ohne Wein – konnte man entfliehen.


Der Geißenkenner

Der Oahl Deerings Kall erzählte gern von seinen unverwechselbaren Geißen. Als einmal zum Gaudi der Gäste zwei Ziegen in die Wirtschaft nach Pedesch gebracht wurden und dort eifrig dem gereichten Bier zusprachen, gehörte Kall auch zu den Spendierern. Doch dann tauchte sein Dackel Waldi auf. Erst jetzt bemerkte Kall, dass es seine Ziegen waren. Waldi schlief nachts im Ziegenstall und war den Entführern gefolgt.

Foto: Oahl Deering mit seinen Geißen



Zoohandlung in Wernges

Vor langer Zeit soll ein Werngeser Schmied mit der Vogelfalle Spatzen gefangen haben. Er färbte sie gelb und verkaufte die Spatzen als Kanarienvögel. Ob er ihnen vorher auch noch das Tirilieren beigebracht hat, ist nicht bekannt.





Gut geschlafen

Ein Werngeser erzählte gern, dass Einbrecher bei ihm keine Chance hätten unbemerkt ins Haus zu kommen, weil er beim geringsten Geräusch sofort wach würde.
Aber eines Morgens war sein Kleiderschrank  leer. Als er aus dem Fenster schaute, hingen all seine Sachen auf der Wäscheleine.
Zwei Freunde hatten sich in der Nacht in sein Zimmer geschlichen, den Kleiderschrank ausgeräumt und alles fein ordentlich auf die Wäscheleine gehängt.

Die "Einbrecher"                                                                                   mehr

Humor ist, wenn man trotzdem lacht
Mein Opa, den ich leider nie kennenlernte, hatte einen gewöhnungsbedürftigen Humor. Als er beim Holzhacken einen Daumen glatt abgetrennt hatte, packte er diesen ordentlich in Zeitungspapier und überreichte ihn seiner Frau mit den Worten: „Amich guck a mo, ech ho der was medgebroacht!“
So kam er zu einem neuen Dorfnamen: Dume Jörch (Daumen Jörg).


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