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Probst in Wernges

Berichte > Kirche
Lauterbacher Anzeiger vom 10.3.2015
Über die Aktualität Martin Luthers
START: Auftakt der Veranstaltungsreihe „Radikale Lebenswege" mit Propst Matthias Schmidt im Dorfgemeinschaftshaus Wernges
WERNGES
(gst). „Was ist von der Sprengkraft Martin Luthers 500 Jah­re nach der Reformation noch in der evangelischen Kirche übrig geblie­ben?" - So lautete jetzt das erste The­ma der Veranstaltungsreihe „Radika­le Lebenswege", für die in den Kirch­spielen Wallenrod, Maar und Frisch­born an vier Donnerstagen unter­schiedliche Menschen zu hören oder zu sehen sind. Pfarrerin Luise Berroth hieß hierzu am ersten Abend Propst Matthias Schmidt im Dorfge­meinschaftshaus Wernges willkom­men.
In den Schlagzeilen sei Radikalität ein negatives Thema und verbunden mit Gewaltbereitschaft und Fanatis­mus, so Pfarrerin Luise Berroth zu Beginn ihrer Ausführungen. Sie sehe „radikal" aber positiv, denn es kom­me von „Radix", der Wurzel, und be­deute für sie „zurück zu den Wur­zeln", leben am Ursprung, wie Jesus es gewollt habe, und „radikal" bis zum Kreuz gegangen sei. Man solle aber auch nicht an 2000 Jahren Kir­chengeschichte kleben, sondern auf die aktuellen Probleme „zugehen".
„Wie viel Luther steckt noch in der Kirche?", fragte dann Probst Matthi­as Schmidt zu Beginn und befasste sich mit der Person Luthers, als „der seelsorgende Luther, der vernetzte Luther und der fremde Luther". Nicht die Reformation habe bei Lu­ther im Vordergrund gestanden, son­dern das „Seelenheil des Menschen" und das Ringen um dessen Seele. Er sei kein „systematisch denkender Theologe" gewesen, so Schmidt.
Als Teil der mittelalterlichen Welt sei Luther auch Teil von gesellschaft­lichen Reformen gewesen; ihm sei aber die Toleranz im modernen Sinne fremd und Luther von einer maßlo­sen Polemik erfüllt gewesen. „Er war eine widersprüchliche Person, an dem man sich als Kirche reiben konn­te, hat aber auch was zu sagen gehabt", zog der Propst das Fazit.
Foto: Propst Matthias Schmidt eröffnete die Themenreihe „Radikale Lebenswege"vor Kurzem im Dorfgemeinschaftshaus in Wernges mit einem Abend über die Radikalität Martin Luthers und fand dabei bei rund 30 Zuhörerinnen und Zuhörer Gehör.
Vier Themen widmete sich der Refe­rent anschließend: „Allein die Gna­de", „Zwei Herrschaftsbereiche", „Die Freiheit des Gewissens" und „Was gibt es da zu feiern?".
Luther habe sich immer die Frage gestellt, wie er einen gnädigen Gott finde und allen Menschen die Gnade zugänglich gemacht werden könne. Die Reformation habe auch die Tren­nung von Staat und Kirche hervorge­bracht; die Idee eines christlichen Staates sei zwar aufgegeben worden, doch sei der Schutz des Staates wei­terhin wichtig gewesen.
Freiheit des Glaubens dürfe nicht von oben angeordnet werden, sondern orientiere sich an der Heiligen Schrift, so Propst Schmidt. Deshalb könne jeder zum Diener der Men­schen werden, wie es die Bibel forde­re; aber auch jeder habe das Recht, seinen Glauben zu leben. Deshalb sei Luther gerade in der heutigen Zeit wieder aktuell. In 2017 könnten 500 Jahre Reformation gefeiert werden und der 31. Oktober werde deshalb deutschlandweit ein arbeitsfreier Tag sein.
Folgende Herausforderungen wur­den angesprochen: „Dem Volk aufs Maul schauen, aber nicht nach dem Mund reden", „Gnade für eine gna­denlose Zeit", „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden", ..Das Grund recht auf Religionsfreiheit", „Mach dir mal nicht so 'nen Kopp!" sowie
„Gegen Aktivismus und für Gottver­trauen" beziehungsweise „Wir wollen eine seelsorgende Kirche sein!" Lu­ther habe das Evangelium so weiter tragen wollen, dass es jeder verstehe; heute sei die Botschaft in einer gna­denlosen Zeit immer wichtiger ge­worden, Christen sollten für Glau­ben- und Gewissensfreiheit eintreten, und auch der „Nichtglaube" dürfe frei gelebt werden.
In der anschließenden Diskussion wurde die evangelische Kirche als zu liberal und „nicht greifbar nach außen" gesehen; dem Schmidt zu­stimmte, aber auch deutlich machte, dass mediale Präsenz nicht alles sei, sondern wichtiger sogar das „Ge-sicht-zu-Gesicht"
Es sei nicht Aufgabe der Kirche über den Glauben zu reden, sondern es sei Aufgabe der Christen, wurde weiterhin festgestellt; aber auch kriti­siert, dass im Religionsunterricht die Chance nicht genutzt werde, den Kindern biblische Geschichten näher zu bringen, so eine Mutter. „Man kann keinen Menschen zum Glauben zwingen", so die Antwort des Props­tes, wofür er viel Zustimmung be­kam.
Termine
Weiter geht es in der Veranstal­tungsreihe „Radikale Lebenswege" am kommenden Donnerstag, 12. März, wenn im Gemeindehaus Wal­lenrod Pfarrer Christoph Gerdes vom „radikal zugewandten Leben" der ökumenischen Iona-Kommunität in Schottland und deren radikalen Ein­satz für Frieden und soziale Gerech­tigkeit berichtet.
Am Donnerstag, 19. März, dreht sich bei Referent Oliver Koch alles um „radikale Beliebigkeit". Der Be­auftragte für Weltanschauungsfragen gibt in Frischborn Auskunft darüber, was radikale Atheisten bewegt und womit sie die Kirche herausfordern.
Ein Dokumentarfilm zum radikal hingegebenen Lebensweg Mutter Te­resas beschließt die Themenreihe am Donnerstag, 26. März, im Gemeinde­haus Maar. Mutter Teresa sei fast 18 Jahre nach ihrem Tod noch immer allgegenwärtiges Sinnbild radikaler Nächstenliebe und Hingabe. Im Port­rät „Heilige der Dunkelheit" zeigen die Filmemacher einfühlsam und überraschend die inneren Konflikte, mit denen Mutter Teresa zeit ihres Lebens kämpfte.
Der Besuch der Abende ist kostenfrei und der Beginn jeweils um 19.30 Uhr.
 
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